Bewusste Elternschaft - Starke Familie
„Mein Kind, das Skript war perfekt, das Set bereit, die Lichter an. Dann kamst du und wolltest nicht in meinem Film sein. Du hast die Rollen abgelehnt, die Kostüme zerrissen, die Bühne zerstört, hast mir gezeigt, dass du DU sein willst, und ich musste das Undenkbare machen: Meine Erwartungen loslassen.“ Aus Dr. Shefali „The Parenting Map“
Bewusste Elternschaft ist in aller Munde und beschreibt ein Erziehungs-Konzept, in dem alle Familienmitglieder altersunabhängig als einzigartiges Individuum gefeiert werden. Es gibt keine Etiketten mit „gut“ oder „schlecht“, „richtig“ oder „falsch“, sondern die individuelle Superpower in Talenten und Eigenheiten. Es sind genau diese Ecken und Kanten, die in einer positiven und flexiblen Struktur und liebevollen Umgebung regelrecht aufblühen.
Bewusste Elternschaft nimmt die Gesellschaft mit all den Bewertungen punkto Familie in die Mangel. Wir sind in einer Leistungsgesellschaft sozialisiert worden und Eltern-Sein ist überschattet von der Illusion des perfekten Alltagsglücks. Dabei ist eine Familie wie ein Fluss: Manchmal seicht und ruhig, dann wild und angsteinflößend. Eine konstant harmonische Familie ist schlichtweg realitätsfern: Wo Bindung ist, da ist auch Reibung. Allein die Tatsache, dass wir mit den Liebsten streiten können, zeigt, dass wir in Beziehung sind, und Verbundenheit existiert im Konflikt weiter.
Vergleichen wir unsere Familiengeschichte metaphorisch mit einer Reise. Wir legen Ausgangspunkt und Ziel fest und entleeren gleich am Anfang den Rucksack von den Inhalten, die die Reise erschweren: Perfektionismus, unrealistische Anforderungen, Ungeduld. Diese Elemente blockieren den Weg und vermeiden vielleicht sogar, dass wir losgehen. Was keinesfalls fehlen darf ist eine ordentliche Portion Vertrauen und Intuition für die Herausforderungen, die irgendwo lauern.
Unterwegs sind wir uns der Wichtigkeit der Grundbedürfnisse bewusst und wissen, dass ein Weitergehen erst Sinn macht, wenn der Hunger gestillt und Körper und Geist erholt sind. In Phasen von Erschöpfung oder Unterzuckerung können keine Konflikte gelöst werden und wir agieren erst konstruktiv, wenn wir uns in Sicherheit wiegen.
Ebenfalls ein Must-Have ist eine große Dosis Selbstliebe. So wie wir die Zähne putzen, weil wir den Wert unserer Beißerchen kennen, nehmen wir Auszeiten für uns, da wir unfassbar wichtig für das Gelingen des Projektes sind. Wir gehen in schwierigen Etappen sanftmütig mit uns und unseren BegleiterInnen um und reichen die Hand, vor allem, wenn es aussichtslos erscheint.
Es macht Sinn, in Stressmomenten die einprasselnden Stimmen zu beobachten, wie wir über unsere Familie denken. Sehen wir uns bei abschüssigen Stellen als Versager oder schlechte BegleiterInnen? Bezeichnen wir Kinder, wenn sie eigene Wege gehen möchten, als Monster oder Tyrannen? Unsere innere Haltung hat eine Wirkung auf das System Familie und den Prozess der Reise. Wir dürfen in schwierigen Situationen empathisch handeln und auf unser Gegenüber eingehen, ohne es gleich „micromanagen“ zu wollen.
Reagieren wir genervt auf ein banales Ereignis, dann bemerken wir, dass der Grund für unsere überzogene Aktion in uns liegt. Das Verhalten der anderen Person ist lediglich der Reiz und unsere Reaktion steht für ein unerfülltes Bedürfnis oder eine alte Geschichte. Gesunde Erwachsene sind sich dieser Muster bewusst und erkennen, was hinter den Triggerpunkten steckt.
Wir Eltern können in keinem Erziehungsratgeber finden, was für unsere Familie auf dieser wunderschönen und verrückten Reise passt. Diese Weisheit können wir nur in uns anzapfen. Bewusste Elternschaft setzt vor allem im unwegsamen Gelände auf Beziehung und Empathie und hält voller Achtsamkeit den Raum für die Bedürfnisse des Familien-Teams.
Impulse für die Familienreise:
Wir gehen in Etappen, Schritt für Schritt
Wir werfen leistungsoptimierte Ansprüche über Board und sehen Rückschläge als Chance, uns weiterzuentwickeln
Wir finden neue Strategien, wenn wir wiederkehrende Loops durchbrechen
Wir sind voller Dankbarkeit für die Besatzung und sprechen das aus. Niemand weiß, wie lange die Crew zusammenbleibt
Wir schätzen den Wert jedes Mitglieds und definieren, was uns als Team ausmacht. Wir schenken uns Liebe in Form von Zeit, Unterstützung und Zuwendung
Wir kommunizieren in Ich-Botschaften, hören empathisch zu und nehmen Gefühle aufrichtig an
Die Bedürfnisse sind klar definiert und wir erkennen, welche hinter Konfliktsituationen stecken
Wir spüren, wie unser Körper in Stressreaktionen reagiert und wissen, dass ein Gedanke nur ein Fragment der vielen Facetten der Realität ist
Jeder Konflikt ist eine Möglichkeit, mehr über uns zu erfahren und dient der Evolution des Systems
Jedes Crew-Mitglied erarbeitet Lösungen und vertraut der Intuition, um nachhaltig zu lernen
Wir verhandeln immer wieder neu über den Wegverlauf, flexibel und situationselastisch